Monatsgeschichte April

Der unverbesserliche Optimist

Wir hatten das Glück, drei Söhne haben zu dürfen. Ein jeder von ihnen hat uns mit seiner ganz besonderen Persönlichkeit jeweils auf seine Weise große Freude bereitet, aber unser mittlerer Sohn Billy ist als „unverbesserlicher Optimist“ in die Familiengeschichte eingegangen. Nur allzu gern würden wir selbst die Lorbeeren für seine positive Lebenseinstellung einheimsen, aber wir haben nur wenig damit zu tun. Sie wurde ihm vielmehr in die Wiege gelegt.

So war er beispielsweise von Anfang an einen Frühaufsteher, und meist schlüpfte er gegen fünf Uhr früh in unser Bett. Wir ermahnten ihn dann jedes Mal, still zu sein und noch einmal die Augen zuzumachen. Er aber rollte sich auf den Rücken und flüsterte: „Es ist aber so ein schöner Morgen. Ich höre die Vögel zwitschern.“

Und wenn wir ihm sagten, er solle nicht dauernd mit uns reden, dann erwiderte er: „Ich rede ja nicht mit euch. Ich rede mit mir selbst!“

Mit fünf Jahren geriet er einmal in einen Streit mit seinem größeren Bruder. Es ging darum, ob ein Mann, den die beiden im Fernsehen sahen, eine Glatze hatte oder nicht. Billy behauptete: „Er hat keine Glatze. Er ist wie Papa. Er ist nur dann kahl, wenn er dich anschaut. Wenn er weggeht, hat er jede Menge Haare!“

Diese und viele, viele andere Anekdoten brachten unserem Billy schließlich den Ehrentitel des unverbesserlichen Optimisten ein.

An einem Dienstag erkrankte unser jüngster Sohn Tanner an einem hämolytisch-urämischen Syndrom, und am darauffolgenden Sonntag war er tot. Billy war damals sieben Jahre alt. Als ich ihn am Abend nach Tanners Beerdigung zu Bett brachte, legte ich mich, wie ich es fast immer tat, noch eine Weile neben ihn, um die Erlebnisse des Tages Revue passieren zu lassen.

Wir lagen ganz still in dem dunklen Raum, und keiner von uns schien recht Lust zum Reden zu haben.

Auf einmal hörte ich Billys Stimme: „Es tut mir leid

für uns, aber für all die anderen Leute

tut es mir fast noch mehr leid.“

Als ich ihn fragte, welche anderen Leute er denn meinte, erklärte er: „Die Leute, die Tanner nie kennen gelernt haben. Wir hatten Glück. Wir hatten ihn zwanzig Monate bei uns. Aber stell dir doch nur mal all die vielen Menschen vor, die ihn noch nicht einmal kennen gelernt haben. Wir haben wirklich Glück gehabt!“

Beth Dalton